Spotlight #4: Starke Frühform: Der Kader des Saisonstarts
Unglaublich, aber wahr: Die neue Saison in der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA ist tatsächlich schon wieder einen Monat alt. Oder um es sportspezifisch zu beschreiben, die ersten vier Spieltage sind absolviert. Wir wollen uns in dieser Ausgabe von Spotlight dieser Frühphase der Spielzeit 2025/26 widmen und auf die ersten, zum Teil überraschenden, Erkenntnisse blicken. Naturgemäß ist die Tabelle nach vier Spielen noch nicht allzu belastbar, Teams können durch unterschiedlich starke Auftaktprogramme weiter unten oder oben stehen, als im weiteren Saisonverlauf. Deshalb richten wir den Blick auf die bislang spektakulärsten Einzelleistungen und besten Spieler der Frühphase der Saison.
Oder um es konkret zu machen: Wie sähe ein Kader des Saisonstarts aus? Bevor wir im Folgenden auf die Spieler blicken, hier noch kurz die Rahmenbedingungen, wie ist das Gerüst aufgebaut? Für die Zusammenstellung dieses „Vier-Spieltage-Allstaraufgebots“ haben wir alle Spieler berücksichtigt, die in mindestens drei der vier Partien auf dem Parkett standen. Gegliedert wird der Kader klassisch in fünf Guards, fünf Forwards und zwei Center und natürlich, wir sind schließlich immer noch in der ProA, sollen mindestens sechs Deutsche im Kader stehen. Gut, die Regeln sind geklärt, ab jetzt werden Effektivitätswerte, Dreierquoten und Co. gewälzt, um die zwölf besten Spieler des Saisonstarts zu finden…
Starke Vorlagengeber mit Hang zu Scoringexplosionen
Gestartet wird natürlich mit der Point Guard-Position. Quasi standesgemäß kommt hier auch der erste Spieler vom aktuellen Tabellenführer Phoenix Hagen. Als Marcus Graves im Sommer an die Volme wechselte, dürfte man sich, als immerhin amtierender ProA-Meister mit Trier, durchaus einiges von ihm erwartet haben. Und mit aktuell 8,0 Assists pro Partie zeigt der US-Amerikaner auch Qualitäten, die uns aus seiner Trierer Zeit gut bekannt sind. Womit allerdings in der Form nicht zu rechnen war: Graves zeigt sich als enorme Waffe aus dem Dreipunktbereich und läuft regelmäßig heiß. Bislang finden zwei Drittel seiner Würfe von Downtown ihr Ziel, erst am Samstag gegen Nürnberg zeigte der Hagener Point Guard mit 9/10 Dreiern eine absurde Vorstellung, beim Auswärtsspiel in Gießen war er mit fünf verwandelten Distanzwürfen im Schlussviertel ein integraler Bestandteil der Aufholjagd, die im Auswärtssieg in der Osthalle mündete.
Für Scoringausbrüche ist auch unser zweiter Kandidat auf der Eins bekannt. JaCobi Wood ist der neue Kopf der Tigers Tübingen und beerbte auf dieser Position Kenny Cooper. Bei der Auftaktniederlage gegen Nürnberg kam Wood noch von der Bank, doch am zweiten Spieltag zeigte er auswärts beim BBL-Absteiger aus Göttingen sein volles Potential. 31 Punkte reichen allein schon, um von einer starken Leistung zu sprechen, doch die Tübinger Nr. 24 legte noch sieben Assists und neun Rebounds obendrauf und kratzte so sogar am Triple Double. Insgesamt reichte es so für einen Effektivitätswert von 39 und auch wenn seine anderen Partien bislang etwas ruhiger waren ist klar: So einen willst du in deinem Team haben!
Und natürlich braucht unser Kader auch noch einen deutschen Aufbauspieler und hier ist die Antwort dieselbe, die man ehrlicherweise schon seit Jahren geben kann: Niklas Geske ist die Konstante bei den VfL SparkassenStars Bochum und liefert Saison für Saison verlässlich ab. In den letzten drei Spielzeiten scorte er durchschnittlich immer zweistellig und legte dazu mindestens sechs Assists auf. So überrascht es nicht, dass Geske aktuell wieder daran anknüpft und einmal mehr zu den besten deutschen Point Guards der ProA zählt.

Drei für die Eins: Marcus Graves, Niklas Geske und JaCobi Wood (Fotos: Nico Genslein, Oliver Heuser, Dennis Duddek).
Heiße Händchen auf der Zwei
Die Guard-Rotation unseres Kaders wird nun noch um einiges an Scoring-Power ergänzt. Kyle Castlin ist aktuell der unangefochtene Top Scorer der ProA, 24,8 Punkte pro Partie sprechen für sich! Der US-Boy entschied sich im Sommer, erstmals in seiner Profikarriere, bei seinem bisherigen Club zu bleiben und darüber dürfte man in Gießen mehr als froh sein. Der Saisonstart der 46ers hatte zwar bislang Aufs und Abs zu bieten, doch KC performt konstant. In jeder Partie legte Castlin 23 oder mehr Punkte auf und für einen Guard können sich auch seine durchschnittlich 6,3 Rebounds echt sehen lassen.
Komplettiert wird die Rotation auf den Guard-Positionen von Devin Schmidt. Der gebürtige US-Amerikaner wechselte im Sommer nach mehreren Jahren in Spanien zu Phoenix Hagen und ließ schon im ersten Spiel gegen die RheinStars keinen Zweifel daran, dass man sich hier eine absolute offensive Waffe ins Team geholt hatte: 25 Punkte, acht Rebounds und fünf Assists in nicht einmal 23 Minuten! Alleine das würde ihn wahrscheinlich schon für unseren Kader qualifizieren, doch eine kleine Veränderung hat ihn noch wertvoller gemacht. Denn mittlerweile ist Schmidt mit der doppelten Staatsbürgerschaft ausgestattet, besetzt also keinen Importspot mehr. Sein Vater wurde in Nürnberg geboren, wo er dann, ja solche Geschichten schreibt der Sport, am vergangenen Wochenende direkt sein erstes Auswärtsspiel mit der kleinen Deutschlandflagge auf der Brust machte.
Small Forwards – Big impact
Damit verlassen wir die kleinen Positionen und gehen über zu den Forwards. Der erste Pick bei den Small Forwards kommt von einem der Aufsteiger. Bei den SBB Baskets ist Travis Henson bislang der überragende Akteur. Der Mann mit der Rückennummer Zwei hatte maßgeblichen Anteil am Heimsieg über die PS Karlsruhe LIONS, 32 Punkte waren es für ihn in diesem Spiel. Henson ist übrigens kein Unbekannter in der BARMER 2. Basketball Bundesliga: 2023/24 spielte er für die Iserlohn Kangaroos in der ProB, ehe es ihn im vergangenen Jahr nach Schweden zum BC Luleå zog. Nun also die Rückkehr nach Deutschland und ob Small Forwards, die aus Schweden kommen, in der ProA funktionieren? Na da frag mal einer bei Keith Braxton nach…
Als deutscher Dreier steht bei uns der Gegenspieler von Henson aus dem besagten Spiel gegen Karlsruhe im Kader. Und das ist sicherlich einer, den man vor der Saison nicht hundertprozentig dafür auf dem Zettel hatte. Zu durchwachsen verlief die vergangene Spielzeit mit der Trennung von den Artland Dragons und dem folgenden Intermezzo in Hagen. Doch das ist nun vergessen. Bei den Karlsruhern ist Binapfl absoluter Leistungsträger, war in der Hälfte der bisherigen Partien Top Scorer und besticht durch gute Wurfquoten (73,9% Zweier). Seinen Trainer in Karlsruhe, Dremond Greene, kennt Binapfl übrigens schon lange: „Wir haben schon in der Jugend erfolgreich zusammengearbeitet, und ich bin überzeugt, dass wir in Karlsruhe wieder an diese Erfolge anknüpfen können.“

Holten mit ihren Teams bisher jeweils einen Sieg: Kilian Binapfl und Travis Henson (Fotos: Aurelia Constantin, SBB Baskets).
Größe mit Händchen auf der Vier
Damit sind wir bei den Power Forwards angekommen und hier starten wir, Ehre wem Ehre gebürt, mit dem effektivsten Spieler der ProA, Benjamin Burnham von den Artland Dragons. In frischer Erinnerung ist natürlich vor allem seine überragende Leistung beim Auswärtssieg in Bayreuth am vergangenen Wochenende. Dort legte er eine Statline auf, die bislang ihresgleichen sucht. 31 Punkte, 11 Rebounds, dazu sechs Steals bei einem Effektivitätswert von, Achtung, 45! Verdientermaßen brachte ihm das die Auszeichnung zum „Player of the week“ in der ProA ein. Nebenbei bemerkt, Trainer Hendrik Gruhn kündigte ihn bei seiner Verpflichtung als Spieler an, der „viele Dinge macht, die nicht auf dem Statistikbogen aufgeführt werden.“ War das etwa ein kleines Ablenkungsmanöver vom Coach?
Neben Marcus Graves kommt nun auf der Vier der zweite amtierende ProA-Meister. Hendrik Drescher folgte, nach den erfolgreichen Finalspielen gegen Jena, dem Ruf von Fabian Strauß nach Göttingen und wurde sofort absoluter Leistungsträger bei den Veilchen. Drescher liefert ab und das ohne seine Offensive mit vielen Würfen erzwingen zu müssen. Das liegt daran, dass der gebürtige Berliner seine Korbversuche bislang traumwandlerisch sicher verwandelt. 81,8% aus dem Zweierbereich und 57,1% von Downtown sprechen für sich. Achso, und seine Freiwürfe waren bis jetzt auch alle drin. Damit erfüllt Drescher genau die Rolle des modernen Vierers, den das System der BG unter Strauß braucht, it’s a match!
Apropos deutsche Power Forwards, die werfen können… Robin Benzing, formal zwar als Small Forward geführt, startet bei den GIESSEN 46ers auf der Vier und bringt neben seiner Erfahrung auch ein weiches Händchen mit, das ihn hinter Kyle Castlin zum zweitbesten Scorer der 46ers und zweitbesten deutschen Punktesammler der Liga macht (15,3 Punkte pro Partie). Vor der Saison kündigte der Ex-Nationalspieler sein Karriereende im kommenden Sommer an, die entsprechende Motivation bei ihm und den 46ers nochmal eine starke Saison zu spielen, dürfte also definitiv vorhanden sein.

Wurfsichere Vierer: Robin Benzing, Benjamin Burnham und Hendrik Drescher (Fotos: Nico Genslein, Gero Müller-Laschet, Aurelia Constantin).
Die Macht am Brett
Zu guter Letzt kümmern wir uns noch um die großen Jungs unterm Korb. Effektivster Center der ProA ist Brandton Chatfield. Der US-Amerikaner kam vom College zu den Nürnberg Falcons und brauchte keine Eingewöhnungszeit. In den ersten drei Partien legte Chatfield jeweils ein Double Double auf und so liest sich seine durchschnittliche Statline mit 17,3 Punkten und 8,8 Rebounds sehr beeindruckend. Coach Ralph Junge kündigte ihn als offensiv variablen Spieler an, „da er selbst von der 3er Linie punkten kann.“ Tatsächlich steht der Center aktuell bei 50% Dreierquote, allerdings bei nur zwei Versuchen. Wenn er diese Facette seinem Spiel dauerhaft hinzufügt, dürfte seine Position unter den Top Centern der ProA in jedem Fall gesichert sein.
Sein Partner auf der Fünf ist ein alter Bekannter. Dennis Heinzmann ist nach zwei ProB-Jahren inkl. Verletzungspause mit Leverkusen wieder zurück in der ProA und spielt aktuell, als wäre er nie weg gewesen. Seine durchschnittlich 14 Punkte und 9,3 Rebounds machen ihn zum effektivsten Deutschen der ProA. Vor zwei Wochen legte er beim Auswärtssieg in Tübingen ein Monster-Double Double aus 21 Punkten und 15 Rebounds auf und räumte mit gleich sechs (!) Blocks auch unter dem eigenen Korb ordentlich ab. Der Effektivitätswert von 35 war für ihn im Übrigen ein neuer Karrierebestwert!

Für Dunks und Rebounds sind Brandton Chatfield und Dennis Heinzmann zuständig (Fotos: Nathalie Zweifel, Dennis Duddek).
Das ist er also, unser Kader des Saisonstarts. Und obwohl wir uns hier gleich zwölf Spielern gewidmet haben, es gäbe noch so viel mehr zu erzählen! Shoutouts gehen hier also an Baller wie Calvin Wishart, Rayshawn Mart, Antonio Williams oder Nick McMullen und auch ein unverletzter Brock Gardner wäre definitiv ein heißer Kandidat gewesen. Jungs wie Marvin Ogunsipe oder Nico Bretzel fielen der Tatsache zum Opfer, dass ein Kader mit vier Centern etwas zu unausgewogen wäre.
Es gibt also so viele Akteure, auf die es sich lohnt in den nächsten Spielen ein genaues Auge zu werfen. In einigen Wochen geht es hier weiter, dann auch wirklich mit dem ersten ausführlichen Blick auf die Tabelle und die bisherigen Überraschungen der ProA-Saison. Wenn du das nicht verpassen möchtest, abonniere am besten hier unseren Newsletter, dort gibt es immer einen Reminder, wenn eine neue Ausgabe von Spotlight online ist.



