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Regionalworkshops in Braunschweig und Nürnberg setzen Impulse für die Zukunft des Basketballs an Deutschlands Grundschulen

Regionalworkshops in Braunschweig und Nürnberg setzen Impulse für die Zukunft des Basketballs an Deutschlands Grundschulen

In den vergangenen Wochen trafen sich die Schulsportverantwortlichen aus Klubs und Landesverbänden, um über die zukünftige Entwicklung und Gestaltung von Basketballangeboten an den Grundschulen in Deutschland zu sprechen. Insbesondere der bundeslandspezifische Austausch der Teilnehmenden sorgte für konkrete Umsetzungsideen und Aufbruchstimmung.

Am 24./25. Februar und am 09./10. März 2024 fanden in Braunschweig und Nürnberg zwei Regionalworkshops statt, bei denen die Schulsportverantwortlichen der Bundesligisten der easyCredit BBL, der BARMER 2. Basketball Bundesliga und der Toyota DBBL sowie des DBB und der jeweiligen Landesverbände aus Nord- und Süddeutschland zusammenkamen. Eingeladen hatte der Deutsche Basketball Ausbildungsfonds e.V. als Nachwuchsinstitution der Bundesligen. Ziel der Workshops war es, die Vernetzung der Beteiligten zu ermöglichen und mithilfe von inhaltlichen Impulsen und regionalen Arbeitsgruppen Ideen zu erarbeiten, wie flächendeckend möglichst alle Grundschulen in Deutschland mit Basketballangeboten erreicht werden können.

Im Mittelpunkt der Workshops stand die Entwicklung bundeslandspezifischer Umsetzungskonzepte, die den länderabhängigen Rahmenbedingungen im Bereich Bildung Rechnung tragen. In bundeslandspezifischen Arbeitsgruppen wurden anhand von fünf Leitfragen konkrete Ideen erarbeitet, wie die Grundschulen in den jeweiligen Regionen erreicht werden können. Diese Runden von Organisationen, die sich in den gleichen Bildungs- und Förderstrukturen befinden, haben sich als äußerst effektiv herausgestellt, denn es konnten produktive Gespräche geführt sowie erste konkrete Pläne gefasst werden. In nahezu allen Gruppen wurde der Kommunikation eine zentrale Rolle zugesprochen.

Rostock Seawolves präsentieren Weg zum aktuell größten Basketballverein

Beide Veranstaltungen begannen jeweils am Samstagnachmittag mit einem kurzen Impuls von Moderator Christian Steinberg, der gewohnt kurzweilig und informativ mit den Teilnehmenden auf die Mitgliedersituation im Minibasketball schaute und gleichzeitig erste Ideen skizzierte, wie der Weltmeistertitel in ein bundesweites Grundschulprojekt eingebunden werden kann. Diesem Impuls folgte ein Vortrag der Rostock Seawolves als inzwischen größtem deutschen Basketballverein. André Jürgens und Tobias Hahn berichteten über die Entwicklung des Clubs und gewährten Einblicke in ihre Struktur und Schulprojekte. Im Anschluss diskutierten beim Workshop Nord aus Georg Kleine (WBV), Nils Ruttmann (Eisbären Bremerhaven), Yannis Wiele (Paderborn Baskets) und beim Workshop Süd aus Sebastian Böhnlein (BBV), Nora Schlange-Schöningen (FRAPORT SKYLINERS) sowie Rico Gottwald (Dresden Titans) im Podiumsgespräch zum Thema „15.000 Grundschulen – Chancen und Perspektiven“.bestand.

Der Samstag bot anschließend einen „Markt der Möglichkeiten“, in dessen Rahmen verschiedene Maßnahmen und Aktionen aus dem Kontext „Basketball und Grundschulen“ präsentiert wurden. Der Deutsche Basketball Bund war dabei ebenso mit seinen Lehrmaterialien vertreten wie verschiedene Vereine aus Rostock, Frankfurt, Dresden, Lich, Iserlohn, Göttingen oder Berlin. Auch die Mitarbeitenden des Deutschen Basketball Ausbildungsfonds boten Informationsstände zur Erstansprache von Schulen oder Möglichkeiten für Aktionstage an. Am Abend nutzten die Teilnehmenden dann das gemeinsame Abendessen, um sich zu vernetzen und Erfahrungen zu teilen.

Im September 2024 soll ein erster „Kick-Off“ am Jahrestag des Weltmeistertitels stattfinden. Zuvor wollen Ligen und Verbände noch eine gemeinsame Erklärung schließen, die das Thema „Basketball an den Grundschulen“ als Zukunftsziel für alle Ebenen der Basketballorganisationen festhält. Die Teilnehmenden der beiden Workshops waren sich am Ende einig, dass ein solches regionalisiertes Austauschformat in jedem Fall auch prozessbegleitend beibehalten werden sollte.

Stimmen zu den Workshops:

Manfred Haupt (Präsident des Basketballlandesverbandes Sachsen): „Ich habe eine sehr gut organisierte Veranstaltung erlebt. Insbesondere der Austausch (nach den vorangegangenen Impulsen) in den Länderdelegationen war sehr dabei zielorientiert. Unser grober Matchplan für die künftigen Schulaktivitäten steht, der Tipp off kann erfolgen, wobei sich in den Viertelpausen sicherlich Nachjustierungen ergeben werden. Wir verfolgen ein sehr ambitioniertes Ziel für die gesamte deutsche Basketballfamilie!“

Rico Gottwald (Geschäftsführer Dresden Titans): „Ich habe einen sehr kurzweiligen und anregenden Erfahrungsaustausch erlebt. Es ist immer wieder bereichernd und auch wichtig, nach links und rechts zu schauen, um gemeinschaftlich Ideen für den Schulbasketball in Deutschland zu entwickeln.“

Andre Jürgens (Vorsitzender Rostock Seawolves): „Für mich ist klar geworden, dass der Basketballsport in Deutschland großes Potenzial hat und diese Chance aktuell noch nicht ausreichend nutzt. Die Kooperation mit Schulen wird ein wichtiger Bestandteil unserer Entwicklung sein. Es war für mich sehr interessant zu sehen, wie die einzelnen Bundesliga-Standorte ihr Engagement in der Kooperation mit Schulen aufgebaut haben. In Hinblick auf das große Ziel, allen Grundschulen ein Basketballangebot möglich zu machen, stellt es eine große Herausforderung dar, aber wir können es schaffen! Also packen wir es an!“

Henning Harnisch: „Die Schule ist der Ort für unsere Sportart“

Treffen der Schulsportverantwortlichen aller Bundesligaklubs in Göttingen / Intensiver Austausch, Praxisbeispiele und die Erkenntnis, weiter in diesem Bereich voranzuschreiten

Dem Schul- und Mini-Basketball hierzulande, das wurde auf der Tagung der Schulsportverantwortlichen von easyCredit Basketball Bundesliga (easyCredit BBL), 2. BARMER Basketball-Bundesliga und Deutscher Basketball Bund (DBB) in Göttingen deutlich, wurde im Vergleich zu anderen europäischen Nationen in der Vergangenheit viel zu wenig Bedeutung beigemessen. „Die Italiener“, sagt Tim Brentjes, beim DBB unter anderem für das Ressort „Schule und Minis“ zuständig, „waren uns fast 50 Jahre voraus“ – weil zum Beispiel der italienische Basketball-Verband den jüngsten Altersklassen ob seiner exponierten Bedeutung einen eigenen Verantwortungsbereich eingeräumt hat.

In Zahlen ausgedrückt liest sich das wie folgt: Während in Deutschland bei einer Gesamtbevölkerung von 82 Millionen Menschen gut 25.000 Minis der Altersklassen U8 bis U12 über einen Teilnehmerausweis verfügen, sind es beim südlichen Nachbarn 150.000 Minis – bei einer Bevölkerungszahl von 61 Millionen Menschen. Auch der spanische Verband weist 150.000 Minis aus (bei 47 Millionen Einwohnern). Somit ist allein die Basis in diesen Ländern um ein sechsfaches größer als in Deutschland.

Indes wächst die Zahl derer, die frühzeitig mit dem Basketballsport beginnen, hierzulande seit einigen Jahren stetig: seit 2013 um 35 Prozent auf nunmehr 25.300 im Jahr 2017. Grund dafür sind zahlreiche Anstrengungen, die die Bundesligisten gemeinsam mit dem Deutschen Basketball Bund in den letzten Jahren unternommen haben. Dazu gehört u.a. die Ausbildung und Qualifizierung von hauptamtlichen Mini-Trainern –, die Unterstützung des Göttinger Miniturniers und auch das Bewusstsein der Bundesligisten, Nachwuchs frühzeitig an die Sportart heran- und, im besten Fall, an den Klub oder in den Vereinssport zu überführen.

Unterschiedliche Gegebenheiten an den Standorten: Föderaler und schulpolitischer Flickenteppich

Welche Möglichkeiten sich dafür bieten, welche Konzepte am geeignetsten erscheinen und mit welchen Herausforderungen sich die Klubs der easyCredit BBL, der ProA, ProB und der Verband konfrontiert sehen – darüber diskutierten die rund 60 Teilnehmer an drei Tagen in Göttingen intensiv. Das vorweggenommene Fazit: Wir sind auf einem guten Weg, aber es bleibt noch einiges zu tun.

Allerdings, und das gilt es stets im Blick zu haben, sind die Voraussetzungen an den jeweiligen Standorten noch sehr heterogen. Während sich beispielsweise bei einem ambitionierten ProA-Ligisten wie den Rostock Seawolves gleich sechs hauptamtliche Jugendtrainer um die Organisation und Durchführung einer Grundschulliga kümmern sowie die Finanzierung der Trainerstellen durch Sponsoren gewährleistet wird, ist die personelle Ausstattung an anderen, kleineren Standorten weitaus weniger komfortabel.

Das weiß auch Tom Schmidt, einer der Rostocker hauptamtlichen Mini-Trainer, wenn er sagt, „dass wir uns in einer sehr guten Situation befinden, aber auch hart dafür gearbeitet haben“. An 24 Grundschulen in Rostock und Umgebung ist der Klub Woche für Woche aktiv – und hat so im vergangenen Jahr 100 Kinder über das Angebot einer Basketball-AG an den Verein gebunden. Zu den Maßnahmen gehört auch, dass die Profis vertraglich verpflichtet sind, den AGs regelmäßig Besuche abzustatten.

Dass die 2. BARMER Basketball-Bundesliga mit ihren Vorgaben die Nachwuchsarbeit an den insgesamt 40 Standorten der ProA und ProB nunmehr denen der easyCredit BBL im Bereich Schule und Miniarbeit nachzieht, unterstrich deren Geschäftsführer Daniel Müller. So ist beispielsweise in der ProA seit dieser Saison nicht nur ein hauptamtlicher Jugendkoordinator, sondern auch ein hauptamtlicher Mini-Trainer Pflicht und somit Bestandteil des Lizenzierungsverfahrens (BBL zwei hauptamtliche Jugendtrainer und zusätzlich einer für den Mini- und Schulbereich).

„Bewegungsstunden“ in Licher Kindertagesstätten

Doch nicht nur die Gruppe der Erst- bis Viertklässler rückt verstärkt in den Fokus der Vereine. Auch in den Kindertagesstätten übernehmen mittlerweile engagierte Trainer „Bewegungsstunden“, in denen auf einfache und spielerische Art der Erstkontakt mit dem Basketball hergestellt wird. Wie das beispielsweise in der Kleinstadt Lich vonstattengeht, darüber informierte Frederick Lenger vom dort ansässigen Regionallisten. Neben der aktiven Gestaltung einer „Bewegungsstunde“ unter der Woche in neun Kitas bietet der Verein jeweils samstags eine 60-minütige Einheit für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren an.

Für Henning Harnisch, der mit seinem Impulsvortrag die Veranstaltung eröffnet hatte und der später zusammen mit Florian Gut (Basketball Löwen Erfurt) als „Vision“ den „idealen Nachwuchsstandort“ skizzierte, wird „der Sport erst dann logisch, wenn er dort ansetzt, wo die ersten Schritte gemacht werden – im Kindergarten“. Und weiter: „Die Schule ist der Ort für unsere Sportart – je früher, desto besser. Denn die Sportlehrer, vor allem die Basketball-affinen, bilden idealerweise den Übergang zum Verein.“

Stärkere Fokussierung auf den Breitensport, um Dropouts zu verhindern

Der Vizepräsident von ALBA BERLIN und Botschafter der „kinder+Sport Basketball Academy“ ist ein leidenschaftlicher Verfechter des Nachwuchs-Basketballs in all seinen Facetten. So müsse man, sagte Harnisch, auch die große Gruppe derjenigen verstärkt in den Fokus nehmen, deren Weg nicht in den Leistungssport führe. „Was können wir tun, damit diese Jugendlichen nicht mit dem Basketball aufhören?“, lautete seine zentrale Frage – und verwies auf die Aufgabe und Verantwortung, die im Breitensportbereich liege. Denn: Je mehr Bindung und Wertschätzung gerade auch für diese Gruppe entstünden, umso stärker profitierten die Vereine davon, so die allgemeine Einschätzung.

Wie unterschiedlich sich die Basketball-Angebote jedoch an den jeweiligen Bildungs-Institutionen darstellen, wurde bei der Podiums-Diskussion unter der Leitung von Jens Staudenmayer, dem sportlichen & kaufmännischem Leiter der easyCredit BBL, deutlich. Während Oliver Götz, stellvertretender Schulleiter an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule in Bremerhaven, davon sprach, „dass der Schulsport mit den Angeboten der Eisbären Bremerhaven über die Jahre bereits verschmolzen sei, indem die Basketball-Trainer in den Unterricht kommen und so am Schulleben partizipieren“, ist die Schulleiterin der Grundschule Hoheneck in Ludwigsburg, Dorothee Hoff, bereits froh darüber, wenigstens „drei ausgebildete Sportlehrer“ im Kollegium zu haben.

Claus Sieghörtner, ehemaliger Bundesliga-Profi und seit wenigen Wochen Rektor einer Grundschule in Tübingen, wies zudem auf die unterschiedlichen Systeme der Grundschulen in den Bundesländern hin. In Tübingen, so Sieghörtner, seien alle Grundschulen offene Ganztagsschulen – und wenn an seiner Schule 50 Prozent der Kinder am Nachmittag nicht mehr in der Schule seien, müsse er überlegen, wie er das Basketball-Angebot sinnvoll konzipiere und strukturiere.

Für Dr. Karsten Schul, Dozent an der Deutschen Sporthochschule Köln und Mitglied der Lehr- und Trainerkommission des DBB, liegt der Schlüssel für die Gewinnung weiterer Minis in der Qualifizierung derjenigen, die sich speziell dieser Altersgruppe widmen. Dafür sei die Minitraineroffensive von Verband und Bundesligen ein sehr probates Mittel. Diese (Trainer) könnten dann mit ihrem Fachwissen für diesen Altersbereich sowohl im Verein als auch in der Schule eingesetzt werden – eine Konstellation, von der alle Parteien profitierten.